Freitag, 14. Oktober 2011

Vulkan - Freud und Leid

oder meine philosophische Zwischenbemerkung

Über die Menschen habe ich bisher noch wenig erzählt. In fast allen Medien ist die letzten Tage über den oder den kommenden Vulkan auf El Hierro berichtet worden. El Hierro ist in aller Munde.

Der eine freut sich, der andere überlegt seinen Urlaub zu verschieben oder ein anderes Urlaubsziel zu wählen, viele beobachten nur die spannenden Ereignisse auf der Insel, andere erfasst Angst und wieder andere fühlen sich ruiniert.

Wie bei vielen Dingen im Leben, so gibt es auch zur Zeit auf und um El Hierro - Licht- und Schattenseiten und unterschiedliche Emotionen.

Fangen wir einmal mit denen an, die sich über einen Vulkanausbruch freuen.

Das sind zweifelsohne die Wissenschaftler. Genau die Vulkanologen, Geologen, Geographen, Mineralogen, Geochemiker und Geophysiker. Ob mit Studium oder Autodidakten und Hobbyfreaks. Einfach alle die sich von einem Vulkan faszinieren lassen.
Dann haben wir noch die Pressevertreter, Fotographen und vielleicht auch der Würstchenverkäufer, die sich einen guten Artikel, ein Foto oder einfach nur Umsatz erhoffen.
Für einen Wissenschaftler ist das Miterleben einer Vulkan-Geburt der absolute Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn. All sein jahrelang erworbenes theoretisches Wissen, kann er nun natural am lebenden Objekt auf Tauglichkeit überprüfen und seine visuelle Bestätigung mit seinen theoretischen Vorhersagen abgleichen. Neue Erkenntnisse gewinnen und die Wissenschaft weiter entwickeln. Vielleicht geht er auch in die Geschichte als Genie ein.
Wann hat er schon die große Möglichkeit so eine Sternstunde direkt vor Ort Live mitzuerleben. Vulkanausbrüche gibt es wohl häufiger, aber die Entstehung eines gänzlich neuen Vulkan, das gibt es nur bei uns auf den Kanaren (zumindest zur Zeit).  

Der „verrückte Wissenschaftler“ weicht im Allgemeinen ja auch erheblich von der gesellschaftlichen Norm ab. Dies ist schon seit der Antike ein Kennzeichen des eigenbrötlerischen Philosophen oder des zerstreuten Gelehrten.
Wir wissen auch, daß Milliardenschwere Flugzeugtechnik, Flugleitsysteme, Lotsen und Bordcomputer nichts hilft, wenn Mutter Erde es plötzlich einfällt, sich ziemlich störrisch zu verhalten und Dampf ablässt. Die Folge für das durchtechnisierte moderne Leben: Ein paar Stunden reichen aus und am Himmel herrscht plötzlich Ruhe. Das Beispiel Island hat es gezeigt. Lassen wir also die Wissenschaft sich freuen und Wirken zum Wohle Aller.

dann haben wir noch diesen der Aktion braucht

Auf etwas mehr Spektakel hatten sie schon gehofft, die Bewohner von El Hierro. Sagt jedenfalls Pucho Padrãn, der Wirt des Restaurants 'Don Din 2' in La Frontera, einer der drei Gemeinden des Eilands. Seit Mitte Juli hat die Erde hier 9972 Mal gebebt, als wollte sie den Bewohnern der Insel erstens in Erinnerung rufen, dass selbige vulkanischen Ursprungs ist und - zweitens - der Vulkan auch mal wieder ausbrechen könnte. Es geschah dann auch. Aber fünf Kilometer vor der Küste, vor dem Ort La Restinga, in tausend Meter Tiefe, am Montag gegen vier Uhr morgens, wie die Behörden am Dienstag auf einer Pressekonferenz bestätigten. Es machte nicht mal richtig blubb. 'Wir sind sehr enttäuscht', sagt Gastronom Padrãn: 'Man hat ja gar nichts gesehen.' - weiterlesen in Süddeutsche.de

und den Verzweifelten

Aus einem offenen Brief an das Nachrichtenmagazin "Spiegel-Online"
liebe Journalisten:
danke für Ihre Berichterstattung.
UND
sind Sie sich eigentlich klar darüber, welchen wirtschaftlichen Schaden Sie der Insel EL HIERRO zufügen?
Ich habe ein kleines ländliches Hotel (Name - es wurde kürzlich im Zeitmagazin als Geheimtipp genannt ) 
Bei mir haben bis Dezember alle Gäste abgesagt; hier im Golfo Tal mussten viele Restaurants schließen.
Die Presse berichtet sensationslüstern, schreibt wenig abgewogen und ist nur halb informiert.
Beispiel: Die Punkte auf der Landkarte markieren zwar Erdbewegungen, diese wurden jedoch von den empfindlichsten seismologischen Geräten registriert, die es heutzutage gibt; d.h. von ca. 10000 Bewegungen haben wir ca. 58 gespürt und zwar so, als würde draußen auf der Straße ein schwerer Lastwagen vorbeifahren und die Wände etwas vibrieren lassen.Die ganze Welt glaubt natürlich, hier bebt es alle zwei Minuten.DAS IST NICHT SO!!!WIR SIND VOLLKOMMEN RUHIG, UNS GEHT ES GUT; WIR HALTEN ZUSAMMEN UND HELFEN UNS GEGENSEITIG WO WIR NUR KÖNNEN.
Sie bringen ein wunderschönes DPA Foto vom Golfo Tal mit dem Untertitel "El-Golfo-Tal auf El Hierro: Gigantische Lawinen" : Was soll das heißen in diesem Zusammenhang: GIGANTISCHE LAWINEN?? Was meinen Sie damit???
Wenn Sie uns helfen wollen, berichten Sie bitte sachlich; bedenken Sie, dass Menschen Ängste haben und dass es niemandem hilft, diese Ängste zu schüren!
Ich lade gern mutige Journalisten zu einem Aufenthalt bei uns ein; und bitte Sie alle, POSITIV über uns zu berichten, sich MENSCHLICH zu engagieren und mit der reißerischen Berichterstattung aufzuhören.
Wer etwas mehr über ein soziokulturelles Projekt der Insel EL HIERRO erfahren möchte, kann sich unter Name informieren (und sich sogar eine wundervolle CD mit der Weltmusik von EL HIERRO bestellen) und gemeinsam mit uns auf die Geburt von Europas jüngstem Vulkan warten!!!

Saludos vom Tanz auf dem Vulkan - Name und Freunde
(Name und Adresse ist mir bekannt)

Das sind nur einige Stimmungsbilder von El Hierro. Der Hauptteil der Herrenos ergibt sich seinem Schicksal. Sie sind es gewohnt und wissen seit Generationen, daß sie auf einem Vulkan leben und auch in Zukunft leben werden.

5 Kommentare:

  1. Vielen Dank, Herr Betzwieser, für die kontinuierliche und ausgewogene Berichterstattung! El Hierro kenne ich (noch) nicht, war vor ein paar Jahren nur mal auf Teneriffa uns seinen vulkanischen Gebieten (nicht nur Teide) wandern. Aber ein Besuch in dieser Südwestecke der Kanaren scheint sich ja doch zu lohnen, insbesondere (aber nicht nur) für Vulkan-Freaks.

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  2. Guten Morgen, WIR haben unseren Urlaub im Januar( der 4. auf El Hierro) nicht abgesagt, dazu ist El Hierro viel zu traumhaft! Lasst uns doch erst mal in Ruhe abwarten, was die nächsten Tage bringen. Wenns beim unterseeischen Ausbruch bleibt, gibt es keinen Grund nicht dorthinzufahren, denn der Weg zum Flughafen wäre dann gefährlicher, als der Urlaub auf Hierro, dem letzte kanarische Kleinod!

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  3. Wir haben schon vor längerer Zeit im Dezember 2 Wochen Urlaub auf La Palma gebucht und hoffen, das wir bis dahin der Vulkan sich bis an die Wasseroberfläche hochgearbeitet hat. Dann würden wir versuchen, einen Abstecher nach El Hierro zu machen.
    Als Vulkanologe Vorhersagen zu machen ist eine undankbare Sache, überschätzt man das Risiko - sind viele wütend wegen des wirtschaftlichen Schadens. Unterschätzt man das Risiko stehen unzählige Menschenleben auf dem Spiel. Doch sollte sich jeder bewusst sein, das nicht Vulkanologen sonder Vulkane die Menschen in Bedrängnis bringen. Erstere geben nur nach besten Wissen ihre Meinung ab. Und je mehr Vulkanologen den Mut haben sich zu äußern, um so eher kann man als Außenstehender das Risiko abschätzen.
    Auch wenn "nur" ein Vulkan unter Wasseroberfläche entstanden ist, so sollte man sich doch bewusst sein, das El Hierro eine turbolente Vergangenheit hinter sich hat. Und es keinen Grund gibt das nur weil El Hirro jetzt dicht besiedelt ist, ab jetzt nur noch kleine Vulkanausbrüche zu erwarten sind. Die Geschichtsbücher sind voll von Geschichten, wo bei bei Vulkanausbrüchen 10.000 Menschen ums leben kamen. Immer konnte sich dabei vorher niemand ernsthaft vorstellen, das der Vulkan der tausende Jahre Ruhe gab auf einmal zum Massenmörder wird. Das Vertraute wird mit der Zeit sympatisch - das ist meiner Meinung nach die größte Gefahr der Vulkane. Da braucht es jemanden, der die Bewohner wach rüttelt. Sagt jemand aus der Ferne.

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  4. Herzlichen Dank für die ausgewogene, tägliche Berichterstattung.
    Auch ich bin über die Berichte in den deutschen Medien langsam genervt!!!
    Von Recherche, das A und O eines guten Journalismus, hält die heutige Journalisten-Generation scheinbar nicht viel.
    Z.B. gestern bei SpiegelOnline:

    El Hierro war mal wieder fällig: Der letzte bewiesene Ausbruch ereignete sich 550 vor Christus; es gibt aber auch zweifelhafte Berichte über eine Eruption im Jahr 1793. Allmählich musste sich der Vulkan zurückmelden, nur frisches Magma sichert das Bestehen der Kanaren; Vulkanausbrüche ließen die Inseln über den Meeresspiegel wachsen. Die Lavaeruptionen der letzten Tage lieferten Neuland für El Hierro, sie ließen die Insel wachsen - unter Wasser.

    Es ist richtig, dass z.B. hier auf La Palma, bei Vulkanausbrüchen, ausströmende Lava die Insel vergrössert hat. Aber dass das "frisches Magma das Bestehen der Kanaren sichert" ist mir neu und absoluter Bulshit.
    Wie sich die Situation auf El Hierro entwickelt wissen wir alle nicht, und auch für die Wissenschaftler scheint die Situation nicht vorhersehbar.

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  5. Manfred Betzwieser15. Oktober 2011 um 11:20

    oder solche Schlagzeilen:

    Droht El Hierro auseinander zu brechen?

    gelesen heute bei Comprendes-GranCanaria.de, zeugen nicht gerade von sorgfältiger Berichterstattung.

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